Freilichtmuseum am Kiekeberg – Slow Food ConviviumHamburg
Norddeutscher Käsepreis 2011 – Laudatio von Burchard Bösche
Auch der Kattendorfer Hof ist ein Demeter-Betrieb, weshalb vieles von dem, was ich über den Hof Grummersort gesagt habe auch für diesen Betrieb gilt. Auch hier haben die Kühe Hörner, was man auf den Fotos im Internet sehen kann. Die Kühe haben Weidegang, allerdings verhindert das fehlende Grünland, das ausreichend Heu gemacht werden kann, weshalb im Winter eine besondere, sorgfältig gemachte Silage, hier Heulage genannt, gefüttert wird.
Für Klaus Tenthoff, der hier für die Käserei verantwortlich ist, gilt die Geschichte mit dem Ehrgeiz in besonderer Weise. Ich kenne ihn seit vielen Jahren und habe bei ihm manche Käseprobe mitgemacht. Und jedes Mal fing er damit an, zu erklären, warum dieser Käse nicht so sei, wie er eigentlich sein sollte. Und dabei hat er schon vor langer Zeit als einer der Ersten in Schleswig-Holstein einen herrlichen Rohmilch-Camembert gemacht, der schön nachreifte und am Schluss wunderbar zerlieft. Er hat exzellenten Bergkäse produziert und lange reifen lassen, von der Qualität des Joghurt, der seinesgleichen sucht, und der anderen Frischprodukte
ganz zu schweigen. Und dabei waren die Bedingungen auf dem Pachthof mit dem einst abgebrannten Kuhstall mehr als schwierig.
Umso größer sei das Lob dafür, dass die Kattendorfer gleichwohl beim Rohmilchkäse geblieben sind und das damit immer verbundene Risiko nicht scheuen, anders, als andere namhafte
Hofkäsereien in Norddeutschland.
Ein großes Anliegen ist ihnen der Verkauf der Rohmilch ab Hof, womit sie eines der köstlichsten Nahrungsmittel einem Publikum zugänglich machen, das ohne solche Gelegenheiten gar nicht erfahren würde, welche Geschmackserlebnisse man dabei machen kann.
Als Hamburger danken wir ihnen, dass sie die Mühen und die Kosten auf sich nehmen, die für die Produktion von Vorzugsmilch erforderlich sind, damit diese Rohmilch nicht nur ab Hof sondern auch in Hamburg verkauft werden kann. Vielleicht schaffen sie es irgendwann auch, in Hamburg einen Rohmilch-Automaten aufzustellen, wie man sie heute in der Schweiz und in Italien in jedem größeren Dorf findet. Aber das ist ein Thema für die Agrarbürokratie und nicht für den Kattendorfer Hof. Nicht unerwähnt sei das Verdienst von Klaus Tenthoff um den Holsteiner Lederkäse, jenes Käse, der wohl
der älteste namentlich bekannt Käse in Norddeutschland ist.
Bereits 1850 ist von ihm bei Theodor Storm die Rede, wo er in der ‚nachdenklichen Geschichte Hinzelmeier’ mit dem Stein des Weisen verwechselt wurde. Der Käse war seit über 50 Jahren verschollen, bis irgendwann durch einen Zufall das Rezept wieder auftauchte. Und Tenthoff ging daran diesen in Deutschland einzigartigen Käse zu rekonstruieren. Er ist einzigartig,
weil er der einzige Süßmilch-Magerkäse ist, während alle übrigen Magerkäse als Sauermilchkäse hergestellt
werden.
Es bedurfte einiger Experimente, damit der Käse normal essbar war und er machte seinem Namen ‚Lederkäse’ alle Ehre, denn die Rinde wurde so fest und zäh, dass es wohl eines Schustermessers bedurfte, sie zu teilen. Klaus Tenthoff besorgte zu diesem Käse auch die Geschichte. Er wurde einst auf den Gütern vor allem im Frühjahr gemacht und dann bis zur Erntezeit gelagert, um damit die Erntearbeiter, meist Saisonarbeiter, zu sättigen. Damit er sich hielt, wurde er im Keller in Sand gelagert und gelegentlich mit etwas Rum übergossen, damit er feucht blieb.
Zu berichten ist noch, dass die Kattendorfer zur Finanzierung ihrer Kuhherde die ‚Kuhaktie’ erfunden haben,
die für 500 € zu haben ist und tatsächlich keine Aktie sondern einen Genussschein darstellt, mit dem man
am Erfolg der Milchviehhaltung teilnehmen kann.
Schließlich wollen wir den Kattendorfern dafür danken, dass sie von Anfang an am Käsemarkt am Kiekeberg
teilgenommen und so wesentlich zu seinem Erfolg beigetragen haben.
10. Mai 2011 Dr. Burchard Bösche / Slow Food Convivium Hamburg
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