Wenn ich gegen 7 Uhr die Tür zum Büro des Kattendorfer Hofes aufschliesse, dann ist auf dem Betrieb immer schon ein reges Treiben. Die Schweine quieken und die Trecker knattern über die Hofstelle. Ich freue mich jeden Morgen, dass um diese Zeit das Telefon noch still steht und ich ruhig in den neuen Arbeitstag gleiten kann. Wenn dann alle Arbeitsutensilien angeschaltet und warmgelaufen bzw. an ihrem Platz sind, tönt erstmal der Anrufbeantworter und schenkt mir seine Neuigkeiten. Immer wieder finde ich es faszinierend, wie schnell Menschen ihre Handy-Nummer auf so ein Band sprechen können. Ich frage mich ständig: „Machen die das um sich selbst zu beweisen, was sie so drauf haben? Oder gibt es im Büro doch eine versteckte Kamera, die mich beim Speedtest beobachten will. Die Nachrichten auf dem AB liefern mir ein weites Feld an lebensbestimmenden Dingen der Menschen im Umfeld des Kattendorfer Hofes. Das geht von:
„Mensch Annette ich erreiche Dich nicht, die Kühe sind wieder mal ausgebügst“
Ansage 21.15 Uhr oder Ansage am 19.12. – 17.30 Uhr:
„Ich weiß, ich bin spät dran, aber wir wollen nun doch ein Weihnachtsessen mit Freunden machen. Ich bestelle hiermit eine Weihnachtsgans so für 7 Personen, es sind 3 Kinder im Alter von 1-7 Jahren dabei und meine Freundin ist vegan. Vielen Dank, dass das noch klappen kann! Ich bin morgen telefonisch erreichbar unter ….“.
Aber das Telefon klingelt natürlich nicht nur, wenn das Büro nicht mehr besetzt ist, sondern auch über aus gerne und ausgiebig tagsüber. So erreichen uns sehr regelmäßig telefonische Anfragen zum Thema der Solidarischen Landwirtschaft auf dem Kattendorfer Hof und Nachfragen zu den Möglichkeiten wie und wo man in die Wirtschaftsgemeinschaft einsteigen kann. Meiner Erfahrung nach dauert so ein Beratungsgespräch in der Regel 20 – 30 Minuten. Im Nachgang werden dann per Mail noch die allgemeinen Infomaterialien verschickt und die Ansprechpartner der Depots über das Interesse informiert.
Unser Mail-Eingangskorb ist eigentlich auch jeden Morgen gut gefüllt. Nachfragen von Praktikanten und Lehrstellensuchenden, Studenten, die für Ihre Studienarbeiten das Thema SoLaWi entdeckt haben sowie Anfragen von Interessierten für die Wirtschaftsgemeinschaft. Natürlich gehen hier auch alle Infos und Bestellungen aus den verschiedenen Depots an den Hof ein. Es freut mich immer, wenn mich Nachrichten aus den Food-Coopen erreichen. Selbstverständlich auch, wenn es mal nicht rund läuft und geklärt werden muss, warum Lieferungen nicht richtig angekommen sind. Sehr oft kann schon im Gespräch gemeinsam aufgeklärt werden, wo der Wurm drin war. Und wenn nicht, dann wird auf dem Hof weiter gesucht und gefragt. Das Büro ist nicht nur für die gesamte Wirtschaftsgemeinschaft ein zentraler Anlaufpunkt, sondern auch für alle, die auf dem Hof tätig sind. Sei es, weil ein Pflaster gesucht wird oder eine Materialbestellung eiligst rausgeschickt werden muss. Daneben wird dann schnell noch was Dringendes kopiert oder bei Chef-Koch.de eben noch mal die Garzeit für das Mittagessen gecheckt. Das ist ganz wunderbar, weil dann immer kurz Zeit ist, zu erfahren, wie es auf dem Hof gerade so läuft. Dadurch fühle ich mich als „Innendienstlerin“ an das draussen Geschehende angebunden. Ich brauche ja nicht zu erwähnen, dass dann bestimmt schon wieder das Telefon klingelt und ein neues Gespräch auf mich wartet. Neben den verschiedensten Zahlungsläufen für die beiden Betriebe wird auch sämtlicher Bürobedarf (Druckerpapier, Kassenbonrollen, Tesafilm für die Käserei, Etiketten für die Fleischverarbeitung, Druckerpatronen für alle Betriebszweige und und und) hier eingekauft und verwaltet. Reparaturtermine vereinbart und Prüfungen von Kontrollverbänden und staatlichen Behörden vorbereitet und durchgeführt. Löhne für die insgesamt 30 Mitarbeiter des Hofes und in den Hofläden für das Lohnbüro disponiert und 25 x der Hofbrief ausgedruckt, falls der Drucker von Elisabeth streikt.
Am Ende des Monats müssen regelmäßig die Lastschrifteinzüge für die Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft angestossen werden, nach allen „Hin-und-Her´s“ wie: Wir wollen den Ernteanteil reduzieren, wir stellen nun doch von vegetarisch auf einen Ernteanteil mit Fleisch um, hier sind neue Mitglieder dazu gekommen und dort ist ein Mitglied ausgestiegen oder ich wechsele das Depot. Moment, das Telefon kommt dazwischen, ich muss da mal kurz ran. Übersichten wie viele Ernteanteile in welchem Depot sind, müssen immer wieder neu berechnet, erstellt und kommuniziert werden, damit die einzelnen Bereiche wissen, welche Mengen an welchen Tagen ausgeliefert werden wollen.
Plakate für die diversen Hofevents wollen ebenso produziert werden, wie die Tagespost darauf wartet geöffnet zu werden. Moment das Telefon kommt noch mal kurz dazwischen.
Neben all diesen kleinen Alltäglichkeiten werden auch große Dinge im Büro bewegt. Dazu gehört unter anderem die Erstellung der laufenden Buchhaltung für den Hof und die Hofläden. Das machen mit Hingabe und unglaublicher Genauigkeit Marlis und Gigi, unsere beiden Buchhalterinnen.
Bei der Entwicklung von Konzepten, Verträgen und natürlich dem Budget für den Kattendorfer Hof arbeiten hauptsächlich Mathias und ich sehr eng zusammen. Selbstverständlich finden die anderen GesellschafterInneen auch immer eine Unterstützung und sei es bei der Anmeldung zum örtlichen Sportverein oder bei der Suche nach dem letzten Einkommensteuerbescheid. Besonders schön ist es, wenn die Betriebsgemeinschaft getagt hat und ich dann am nächsten Morgen das Stroh von den Arbeitshosen auf den Bürostühlen finde und ich bei all diesen Mails und dem vielen Papierkram weiß, das ich nicht in einem „Irrenhaus“, sondern auf einem Bauernhof arbeite.
Das Telefon klingelt schon wieder – ich muss da mal ran und sag jetzt erstmal tschüss und wünsche Allen ein gutes neues Jahr.
Schreibe einen Kommentar