Letztes Jahr habe ich über die Käseherstellung berichtet und habe die Verfahren in unserer Käserei und in der industriellen Käseherstellung verglichen. Dieses Jahr schreibe ich über die industrielle Trinkmilchherstellung.
Zum Grundstoff Milch selbst möchte ich hier eigentlich nur Grundlegendes schreiben. Milch enthält Wasser, Zucker, Fett, Eiweiß und Mineralstoffe. Die genaue Zusammensetzung hängt von Kuhrasse, Fütterung, Jahreszeit, Laktationsstadium und der Kuh selbst ab. Das Milchfett ist sehr komplex und enthält ca. 400 verschiedene Fettsäuren, auch das Eiweiß kann in verschiedene Eiweiße unterteilt werden, z.B. Molkenproteine und Casein.
Aber das ist nur ein kleiner Einblick in die Milchinhaltsstoffe. Es wurden schon ganze Bücher nur über die Michinhaltsstoffe geschrieben, deshalb belasse ich es hierbei.
Da ich nie in der Trinkmilchherstellung gearbeitet habe kann ich nur auf das Wissen aus meiner Lehrzeit zurückgreifen. Aber das wird ausreichen.
Nun zur Herstellung. Die Milch von den Bauernhöfen wird oft eintägig oder zweitägig abgeholt; dreitägige Abholungen sind eher selten. Bei den Bauern wird die Milch nach dem Melken gekühlt, je nach Abholungsinterval auf 6-8°C. Die Milch wird von Tanksammelwagen abgeholt und in die Molkerei gefahren. Genau wie bei der Käseherstellung wird die Milch zunächst gestapelt und erst bei Bedarf weiter geleitet. Die Verarbeitung beginnt mit dem Erwärmen der kalten Milch, dies geschieht in einem Plattenwärmetauscher. Der Plattenwärmetauscher bestehen aus vielen Platten welche eine wellige Oberfläche haben, da so die Oberfläche größer ist. Zwischen den Platten fließt Milch und/oder Wasser, die Flüssigkeiten kommen selbstverständlich nicht miteinander in Berührung. Die Milch wird wie gesagt angewärmt, auf 55°C, um sie zu separieren. Man sagt, dass dies die optimale Temperatur ist um Milch zu separieren. Durch das Anwärmen ist die Milch keine Rohmilch mehr, denn Milch die über 40°C erhitzt wird, darf nicht mehr Rohmilch genannt werden.
Die Milch wird in Magermilch, Rahm und Nichtmilchbestandteile getrennt. Nun kann man unterschiedlich vorgehen. Ich würde die Magermilch nun durch eine Mikrofiltrationsanlage fahren. Dadurch würde die Trinkmilch eine ESL-Milch werden. Denn die Mikrofiltrationsanlage filtert Bakterien aus der Milch, und sie muss deshalb mager sein, da das Fett die Poren des Filters verstopfen würde. Nach dem Filtern würde ich die Magermilch mit dem Rahm wieder zusammenfließen lassen, allerdings nur einen Teil des Rahms. Die Milch soll ja einen bestimmten Fettgehalt haben, deshalb darf nicht der gesamte Rahm zur Magermilch, der überschüssige Rahm kann z.B. für Schlagsahne genommen oder verbuttert werden. Anschließend würde ich die Milch homogeniesieren. Homogenisieren verkleinert die Fettkügelchen damit sie nicht aufrahmen. (Kleiner Einwurf: Fett in der Milch liegt in sogenannten Fettkügelchen vor, diese haben eine Hülle die unter Anderem aus Eiweiß besteht. Das Fett ist fest und flüssig im Inneren des Fettkügelchens.)Die Fettkügelchen sind vor dem Homogenisieren bis zu 10µm groß, nach dem Homogenisieren 0,5 bis 1µm. Ein Homogenisator hat zwei sogenannte Stufen. Beide Stufen haben kleine Spalte durch die mit hohem Druck die Milch strömt. Die Fettkügelchen werden regelrecht zerfetzt und das Fett fräst sich in den Rest der Milch und dadurch lagert sich wieder Eiweiß an dem Fett an und umhüllt es wieder. Da die ursprüngliche Eiweißhülle nicht mehr reicht um das Fett zu umhüllen, da ja durch das Zerfetzten/Verkleinern die Oberfläche sehr viel größer ist als vorher, lagern sich auch andere Eiweiße mit an das Fett an. Nach der ersten Stufe folgt eine weitere Stufe, da die neuen kleinen Fettkügelchen direkt nach der ersten Stufe Trauben bilden. Die Trauben werden durch die zweite Stufe wieder aufgelöst. Das Homogenisieren ist natürlich nicht unbedingt notwendig, es verlängert nicht die Haltbarkeit der Milch, es verhindert lediglich das Aufrahmen, was viele Verbraucher nicht einmal mehr kennen. Naja, nachdem Homogenisieren würde ich die Milch pasteurisieren, das Pasteurisieren geschieht auch im Plattenwärmetauscher. Die Milch durchläuft die Heizsektion und fließt anschließend durch einen Heißhalter, wenn die Strecke im Plattenwärmetauscher nicht ausreicht um die Milch für mindestens 15sek für 75°C heiß zu halten. Das Pasteurisieren erfolgt bewusst nach der Mikrofiltration, denn so müssen weniger Bakterien durch die Pasteurisierung abgetötet werden. Nach der Pasteurisierung wird die Milch im Plattenwärmetauscher gekühlt, auf 6°C, und in einem Tank zwischengelagert.
Nach der Zwischenlagerung geht es zur Abfüllmaschine. Leider habe ich keine Ahnung wie genau diese Abfüllanlagen funktionieren.
Die Milch wird in Getränkekartons abgefüllt. Diese werden direkt in der Maschine gefaltet und zum Befüllen vorbereitet. Das Vorbereiten beinhaltet auch eine Desinfektion des Inneren des Kartons. Hierfür wird normalerweise Wasserstoffperoxid verwendet, da es sich schnell wieder auflöst. Durch das Desinfizieren wird auch eine längere Haltbarkeit erreicht. Wie auch immer das Abfüllen genau abläuft, es geschieht keimarm bzw. steril. Nach der Abfüllung werden die Milchpackungen in Kartons gepackt und auf Paletten gestapelt, welche anschließend in Kühlräume transportiert werden. All das geschieht vollautomatisch, die Anlage muss lediglich bedient werden, Störungen behoben und Verbrauchsmaterial nachgefüllt werden.
Von den Kühlräumen geht es dann weiter mit LKWs in die Supermärkte.
So würde ich also ESL-Milch herstellen, die sogenannte länger haltbare Frischmilch. Es geht natürlich auch noch anders, man kann die Milch auch höher erhitzen um die Bakterien loszuwerden. Die hier beschriebene Art ist die wohl Schonendste, um eine längere Haltbarkeit zu erreichen.
Ob man das überhaupt braucht, ist natürlich eine andere Sache. Ich für meinen Teil denke, dass es überflüssig ist die Milch so zu zerstören nur um sie länger lagern zu können. Denn durch die Erhitzung werden nicht nur die Bakterien getötet, (die Bakterien „Leichen“ bleiben übrigens in der Milch) es werden auch Proteine denaturiert, Vitamine kaputt gemacht und mit Sicherheit passieren auch Dinge beim Erhitzen die man noch nicht weiß. Man kann das Ganze auch anders lösen, aber das ist ein anderes Thema.
Robin Diers
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