Im Frühling habe ich zwei Monate meines Praxissemesters im Zuge des Studiums Ökolandbau & Vermarktung auf dem Kattendorfer Hof verbracht. Weitere vier Monate war ich auf einer Milchviehalp im schweizer Kanton Glarus.
In den letzten Monaten habe ich wohl mehr mit Kühen kommuniziert als mit Menschen. -Nonverbale KUHmmunikation- sozusagen.
Kühe sprechen zwar nicht und doch geben sie unglaublich viel über sich preis und bieten einem viele Möglichkeiten sie besser kennenzulernen.
Die Voraussetzung für das Kennlernen ist, nach meiner Auffassung, das Beobachten in Verbindung mit dem täglichen Umgang mit Herde und einzelnen Tieren. Man spürt Zuneigung, hegt Abneigungen, analysiert Rangordnungen, verzweifelt manches Mal am kuhischen Eigensinn und an ihrer Gemütlichkeit. Die Kuh – für mich ein komplexer Charakter mit einzigartig angenehmen und simplen Gemüt.
Die zunehmende Reduzierung der Milchkuh auf ihre Leistung und deren Steigerung wird der Kuh einfach nicht gerecht. Der Fokus sollte nicht in erster Linie auf dem Produkt, sondern auf das Individuum, das kommuniziert und der eigentliche Mittelpunkt des Geschehens der „Milchproduktion“ ist, gelegt werden.
Inwiefern ist diese Kommunikation und Beobachtung von Herde und Einzeltier in immer größer werdenden Milchviehherden (bis zu 1000 Tieren) überhaupt noch möglich? Kann die Kuh dann noch im Zentrum stehen, wo ihr der Raum gegeben wird ihren komplexen Charakter zu entfalten? Oder degeneriert sie zu einem desinteressierten und gleichgeschalteten Geschöpf, das gelangweilt am Futtermix kaut, resigniert ihre Hochleistungsmilchmenge im rotierenden Karussell abgibt und nach wenigen Jahren ihr „Roboterdaseins“ mit Fruchtbarkeitsstörungen, chronischen Euterentzündungen oder Klauenleiden besiegelt?
Mir stellt sich immer häufiger die Frage, wie weit eine Wertschätzung der Milchkuh mit ihren vielfältigen Bedürfnissen, angesichts der zunehmenden Vertechnisierung des Melkvorgangs noch möglich ist? Welche Herdengröße erlaubt zufriedenstellende Kommunikation und ein persönliches Verhältnis zu jedem einzelnen Tier? Dass diese Überlegungen nicht neu sind, ist mir durchaus bewusst und doch beschäftigt mich diese Frage nach wie vor und wird wohl noch eine Weile durch neue Aspekte und „Für und Widers“ ergänzt werden….
Rena Scholz
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