Der Acker liegt in der Augustsonne, und darauf liegen in langen Reihen die trockenen Zwiebeln, goldgelbe und dunkelrote. Wenn ich sie in die Kisten fülle, rascheln die trockenen Blätter. Und mich erfüllt ein tiefes und warmes Gefühl von Freude. Wenn ich diesem Gefühl von Freude dann nachspüre, finde ich Freude auf mehreren Ebenen:
Da ist Dankbarkeit für das trockene Wetter, denn sonst würde ich die Zwiebeln an dem Tag nicht ernten können.
Meistens auch Dankbarkeit dafür, dass die Zwiebeln gut gewachsen sind und für das besondere Gelb-braun der reifen Zwiebeln.
Ich freue mich auch an diesem Wunder, dass diese Zwiebeln, die wir in dem Moment ernten, so lange haltbar sein werden. Wenn wir sie ernten, ist es August, meist Ende August. Und wenn es uns gelingt, die Zwiebeln gut zu lagern, dann halten sie bis Ende April oder gar in den Mai hinein. Das sind immerhin 8 Monate. Und dieses Wunder wird für mich noch größer, wenn ich mir klarmache, dass eine Zwiebel aus den Blättern gebildet ist. Dass eine Wurzel lange haltbar ist, ist leicht verständlich, weil eine Wurzel von sich aus das Organ ist, in das eine Pflanze sich sozusagen zurückzieht. Das Organ, in dem eine Pflanze im Winter Nährstoffe speichert, um im Frühjahr wieder neu wachsen zu können. Aber Blätter . . . bei einer „normalen“ Pflanze- soweit man überhaupt von normal sprechen kann-, ist das Blatt immer in lebendige Prozesse einbezogen. Steht für Erneuerung, Wachstum – und auch für Vergänglichkeit. Es ist grün, solange es Photosynthese betreibt und für die Pflanze Energie aus dem Sonnenlicht aufnimmt und Zucker daraus macht. Wenn diese Zeit vorbei ist, verwelkt ein Blatt normalerweise.
Und jetzt ernte ich hier Zwiebeln, die quasi nur aus verdickten Blättern bestehen – und ich kann diese Zwiebeln bis zu 8 Monaten lagern! Was für eine Kraft steckt in diesen Knollen, dass sie dem Welkeprozess so widerstehen können! Ein Wunder, finde ich.
Noch etwas anderes lebt in meiner Seele, wenn ich dort die Zwiebeln ernte.
Ich freue mich sehr, wenn es eine gute Ernte gibt. Ich überschlage dann schon mal, wie viele Kisten es werden, wie viele Kilos bzw. Tonnen. Und dann denke ich an die vielen Menschen, die unsere Zwiebeln essen wollen und rechne weiter (ich bin ein Mensch, der gerne mit Zahlen umgeht), wie viele Menschen bzw. Ernteanteile ich mit diesen Zwiebeln versorgen kann. Wenn ich im August auf dem Acker stehend weiß, dass wir bis in den April oder gar Mai unsere Mitglieder gut mit Zwiebeln versorgen können, bin ich zufrieden. – Nicht einen Moment lang überlege ich, wieviel Geld diese Ernte wohl einbringt. Mein Maßstab ist nicht das Geld, sondern die Zufriedenheit unserer Mitglieder, die den Hof ermöglichen.
Einige waren bei der Zwiebelernte mit auf dem Acker.
Menschen, die sich freuen, zusammen tätig zu sein, die sich gemeinsam an der Ernte dessen freuen, was gewachsen ist. Die Monat für Monat mit ihren finanziellen Beiträgen den Hof ermöglichen.
… und dann kommt so ein Gefühl oder eine Ahnung, dass auch „der Acker“ froh ist, dass diese dankbaren Menschen dort tätig sind. Wenn ich jetzt an die Vielen denke, für die diese Zwiebeln gewachsen sind, entsteht die leise und tiefe Ahnung, dass die gute Qualität unseres Gemüses auch ein bisschen von all diesem herrührt . . . .
Elisabeth Bach
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