
Alle unsere Kälber wachsen an Ammenkühen auf. Das bedeutet, dass eine Kuh zwei bis drei Kälber untergesetzt bekommt, die sie dann ernährt und liebevoll umsorgt. Das sind teilweise die eigenen Kälber, meistens aber Kälber anderer Kühe.
Die übliche Aufzucht von Kälbern sieht so aus, dass die Kälber nach einem Tag von der Mutter getrennt werden und dann zunächst in ein Einzeliglu kommen. Dort trinken sie an einem Nuckeleimer. Nach spätestens zwei Wochen kommen sie dann in Gruppeniglus mit üblicherweise 5 gleichalten Kälbern. Dort haben sie eine Fläche von ca. 6 m x 3 m.
Bei uns bleibt jedes Kalb erstmal 4 Tage bei der Mutter. In dieser Zeit stehen Kuh und Kalb in der dick mit Stroh eingestreuten Abkalbebox. Die Kuh kann sich so in Ruhe von der Geburt erholen. Würde man Kuh und Kalb länger zusammenlassen, würde sich eine zu starke Bindung aufbauen und der Trennungsschmerz wäre größer. Anschließend wird das Kalb, wenn die Mutter nicht selbst Amme wird, an eine andere Amme gewöhnt. Manche Kühe nehmen neue Kälber sofort mit liebevoller Begeisterung an, andere muss man erst etwas überzeugen, bis der Mutterinstinkt erwacht. Manche Kühe eignen sich auch gar nicht als Ammen. Haben sich Amme und Kälber aneinander gewöhnt, so kommen sie in die Ammengruppe, im Sommer auf die Weide, im Winter in den Ammenstall.
Die Ammenherde ist besonders im Sommer unsere schönste Tiergruppe. Die Tiere haben dort eine 9 ha große Weide (90.000 m^2), auf der Obstbäume wachsen und wo es für die Kälber unendlich viel Platz zum Toben gibt. Es gibt nichts Schöneres, als den Kühen zuzusehen, wie sie liebevoll ihre Kälber ablecken oder laut muhend über die Weide laufen, weil Ihr Kalb nach ihnen gerufen hat. Und die Kälber rennen über die Wiese, jagen sich gegenseitig oder liegen an Mama gekuschelt in der Sonne im Gras unter blühenden Obstbäumen…
Auch wenn wir unsere Kühe nicht direkt fragen können, ob sie glücklich sind, geht einem bei diesem Anblick das Herz auf. Die Kühe ernähren ihre Kälber nicht nur besser als ein Nuckeleimer es täte, sondern v.a. bringen sie ihnen Sozialverhalten bei und zeigen ihnen, was man fressen kann. Besonders bei horntragenden Kühen ist das Verhalten der Tiere und damit die Kälberaufzucht sehr wichtig.
Nach vier Monaten sind die Kälber so groß und fressen so viel Futter, dass sie abgesetzt werden können. Das Absetzen versuchen wir so schonend wie möglich zu gestallten. So wird zunächst die Kuh aus der Gruppe genommen, ihre Kälber bleiben aber noch bei den Ammen. Sie können weiterhin Milch saufen, bekommen aber bereits weniger Milch und gewöhnen sich daran von Mama getrennt zu sein. Zwei Wochen später kommen sie in eine eigene Gruppe, wo sie dann keine Milch mehr trinken. Manche Kälber nehmen diese Veränderung klaglos hin, muhen allenfalls zu den Stallzeiten, wenn man sie füttert, andere rufen laut nach ihrer Amme und der leckeren Milch. Ersparen kann man den Tieren diese Trennung leider nicht, aber sie findet zu einem Zeitpunkt statt, wo das Kalb nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen ist.
Noch schöner wäre es natürlich, wenn die Kälber direkt bei ihrer eigenen Mutter trinken könnten. Besonders für die Kühe wäre das ein großer Unterschied, schließlich müssen auch in der Ammenhaltung einige Kühe ihr Kalb abgeben. Das ist bei uns aber nicht möglich, da der Stall ganz anders gebaut sein müsste. Stellt Euch vor, wenn wir im Sommer die Kühe vier mal am Tag zum Melken von der Weide holen bzw. zurück bringen und sie dabei über die Straße treiben, würden immer noch 25 Kälber mit in der Herde rumlaufen und ganz Kattendorf erkunden…. Manche Höfe halten die Kälber, um sich ein solches Chaos zu ersparen, in einer Extragruppe, lassen sie dann aber zwei mal am Tag zu ihren Müttern, sodass sie saufen können. Dann trinken sie zwar bei ihrer Mutter, haben dafür aber nur eine halbe Stunde am Tag Kontakt zu Kühen und nicht 24h, wie bei uns. Die Aufzucht an der eigenen Mutter ist also schwierig und wir sind überzeugt, dass die Ammenhaltung hier einen guten Kompromiss darstellt.



